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Hard to Kill

In «Hard to Kill», einem US-Actionfilm mit Steven Seagal aus dem Jahr 1990, erschiessen korrupte Polizisten, die für einen korrupten Politiker arbeiten, die Frau des Polizisten Mason Storm. Storm selbst wird dabei angeschossen und erwacht erst nach sieben Jahren aus dem Koma. Durch hartes Training baut er sich wieder auf und nimmt schliesslich Rache an den Tätern.

Ich habe den Eindruck, dass auch unsere Welt seit fast einem Jahr in einer Art Koma liegt. Doch trotz einer Vielzahl von Sorgen scheint sie sich von Monat zu Monat zu erholen. Der V-förmigen Erholung an den Aktienmärkten liess sich ebenso schwer der Garaus machen wie der V-förmigen Konjunkturerholung, von der die meisten Wirtschaftsprognostiker nach wie vor überrascht sind.

Vor einigen Jahren hatte ich das Privileg, im Sommer nach Island zu reisen – eine der stets interessanten Gelegenheiten, andere Kulturen und Lebensgewohnheiten zu beobachten. Nach einem schier endlosen, düsteren Winter scheinen die Isländer an den langen Sommertagen so gut wie nicht zu schlafen, so als wollten sie die verlorene Zeit aufholen und all die Dinge tun, die ihnen zuvor verwehrt blieben.

Dieses Verhalten liegt in der menschlichen Psyche begründet und erklärt vielleicht, warum Europa derzeit einen Anstieg der Covid-19-Fallzahlen verzeichnet (der früher oder später auch die USA erreichen dürfte). Das grundlegende Problem besteht darin, dass das «neuartige» Coronavirus inzwischen nicht mehr neu ist. Wenn sich jüngere Menschen in der westlichen Welt nicht länger vor einem tödlichen Verlauf der Krankheit fürchten – warum sollten sie sich dann zurückhalten? Dieser Trend dürfte sich kaum ändern, es sei denn, die Krankenhauseinweisungen und Sterberaten nehmen auch in der jüngeren Bevölkerung deutlich zu oder die Regierungen erzielen mit harten Strafmassnahmen eine abschreckende Wirkung.

Obwohl sich derzeit viele Menschen Sorgen über eine zweite Welle landesweiter Lockdowns machen, halte ich diese Möglichkeit für wenig wahrscheinlich. Nur eines ist schlimmer als mangelnde Freizügigkeit: einen Vorgeschmack auf die künftige Freiheit zu erhalten und dann darauf verzichten zu müssen. Eine demokratische Regierung, die solche Massnahmen erzwingen will, dürfte nicht lange an der Macht bleiben.

Natürlich hat das aktuelle Umfeld eine Reihe von Fragen aufgeworfen:

  • Warum waren weibliche Regierungschefs im Kampf gegen Covid-19 erfolgreicher?
  • Und weshalb sind Populisten dabei so deutlich
    gescheitert?
  • Warum kann Asien grössere Erfolge verbuchen als die westliche Welt?
  • Wird die bereits stark fortgeschrittene wirtschaftliche Machtverschiebung von West nach Ost durch diese Entwicklung beschleunigt?
  • Ist der Kapitalismus der westlichen Welt in seiner jetzigen Form das richtige Modell oder entsteht eine Zeitbombe durch eine K-förmige, also stark unterschiedliche Erholung einzelner Wirtschaftsbereiche?
  • Wird die Angst vor weiteren Lockdowns möglicherweise sogar den Konsum ankurbeln?
  • Warum sind die Schlangen vor den Wahllokalen in Indien kürzer als in den USA?
  • Wann wird der Brexit abgeschlossen sein?

Die US-Wahlen werden in der Regel bis zum Überdruss kommentiert, obwohl es keine empirischen Belege dafür gibt, dass der Wahlsieg des einen oder anderen Kandidaten einen Unterschied macht. Daher halte ich es für nützlicher, einige längerfristige Prognosen aufzustellen. Ich möchte die Leser jedoch eindringlich bitten, die offensichtlichen Fakten nicht zu ignorieren. Während sich viele Marktteilnehmer Sorgen über vermeintlich katastrophale Auswirkungen machen, haben die Finanzmärkte ihre Freude daran, eine möglichst grosse Zahl von Anlegern auf dem falschen Fuss zu erwischen. Was wäre, wenn alles glatt liefe und es nach kurzer Zeit ein klares Ergebnis gäbe? Dieser Ausgang würde die meisten Investoren mit Sicherheit überraschen.

Ich wage daher eine riskante Prognose.

Der Aktienmarkt befindet sich nach wie vor in einer langjährigen Hausse-Phase (möglicherweise in der grössten, die ich in meiner Karriere erleben werde). Solche langfristigen Aufwärtstrends dauern in der Regel mindestens 14, manchmal sogar bis zu 20 Jahre. Meiner Einschätzung nach begann die aktuelle Phase im Jahr 2013, wir haben also erst die Hälfte hinter uns. Die zweite Hälfte einer langjährigen Hausse sorgt für die grössten prozentualen Kursgewinne. Natürlich bedeutet dies nicht, dass die Aktienmärkte Tag für Tag linear steigen werden. Doch die Kursentwicklung wird in den nächsten sieben oder mehr Jahren deutlich steiler verlaufen.

Die langjährige Hausse an den Anleihenmärkten ist dagegen zu Ende. Sicherlich wird es Tage und Monate geben, in denen die Anleger froh sind, ein gewisses Anleihenengagement zu halten. Doch langlaufende Anleihen dürften über einen längeren Zeitraum zu den Anlageklassen mit der schlechtesten Performance zählen. Kurzfristige Anleihen werden relativ betrachtet besser abschneiden, da die Zentralbanken die Renditekurve kontrollieren.

Zudem wird es den Zentralbanken endlich gelingen, ihre Inflationsziele zu erreichen, nachdem sie mit dieser Politik mehr als zehn Jahre lang gescheitert sind. Sie werden sogar einen Schritt weitergehen und Inflationsraten über dem Zielniveau tolerieren. Der Umfang der fiskal- und geldpolitischen Impulse ist wirklich beeindruckend (und dürfte noch deutlich ausgeweitet werden), auch im Vergleich mit der Unterstützung nach der globalen Finanzkrise von 2008, die viel grössere wirtschaftliche Schäden angerichtet hat als der exogene Schock, den wir derzeit verkraften müssen.

Die langjährige Hausse am Aktienmarkt wird schliesslich ein klassisches Ende finden, wenn die Zentralbanken die Zinsen aggressiv anheben müssen, da sie die Kontrolle über die Inflation verloren haben. Doch bis dahin besteht für Aktienanleger noch lange Zeit Aussicht auf geradezu unverschämt hohe Renditen.

Marktteilnehmer, die derzeit vorsichtig agieren, und die zahlreichen Anleger, die sich bereits seit 2009 zurückhalten, werden (wie immer) gegen Ende der Hausse in den Sog der Euphorie geraten – kurz vor dem Höhepunkt des Zyklus, der eine drei- bis fünfjährige Baisse zur Folge hat.

Die derzeitigen Gewinner der Pandemie (nennen wir sie einfach «Elendsaktien») dürften sich längere Zeit deutlich unterdurchschnittlich entwickeln – ihre Bewertungen (die irgendwann wieder eine Rolle spielen) spiegeln derzeit Umstände wider, die sich in Zukunft nur verschlechtern können. Die Verlierer der Pandemie (konjunkturempfindliche Titel oder, einfach ausgedrückt, «Party-Aktien») dürften dagegen eine enorme Outperformance erzielen.

Wir werden wahrscheinlich einen recht ausgeprägten Konsumboom (begünstigt durch die hohen Sparquoten) und einen mehrjährigen Reiseboom erleben, da die Menschen die verlorene Zeit mehr als aufholen wollen.

In allernächster Zukunft werden wir uns wohl etwas niedergeschlagen fühlen. Doch wie heisst es so schön in einem Songtext: Schon bald wird die Zukunft so strahlend sein, dass wir Sonnenbrillen tragen müssen.

 

Peter Ahluwalia, Partner
Chief Investment Officer
peter.ahluwalia@swisspartners.com

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